Was ist die ideale Anzahl an Bikes? N+1, wobei N die Anzahl der existierenden Bikes in Deiner Obhut ist.

Wir wollten nach Zeeland, unserem Lieblingsplatz in Holland. Diesmal mit dem Auto, das Wohnmobil stand in der Werkstatt, aber wir hatten auch mal wieder Lust auf kleines Gepäck und Zelten. Na ja, was so kleines Gepäck heisst. Die SUP- Boards nahmen schon etwas Platz weg. Und das Campingzeugs auch. Und dann wollten wir noch die Speedpedelecs mitnehmen, kein Problem. Nur noch den Träger für die Anhängerkupplung reservieren und in Hofheim abholen, die Bikes auf dem Platz in Eppstein aufladen, die Batterien waren blöderweise sicher und trocken im Wohnmobil in Oberursel, die Helme aus der Wohnung in Frankfurt nicht vergessen – sind ja nur über 100km Rumgurkerei im nördlichen Rhein-/ Maingebiet. Wir sind dann lieber 3 Stunden früher abgefahren und haben die Bikes Bikes sein lassen. Ab ans Meer in den Sonnenuntergang.

Zeeland ist schön, und von unserem Lieblingscampingplatz ist alles zu Fuss erreichbar. In Holland bist Du aber als Fussgänger das, was Du in Deutschland als Radler bist: irgendwas zwischen bedauernswert und asozial, neudeutsch: ein Obbfähr…….. . Eine Lösung nahm in meinem Kopf Form an, die +1 für die Anzahl der Bikes: wo war noch gleich die netteste Messeparty auf der Eurobike mit dem besten Bier? Bei den lustigen Leuten von Brompton aus London. Die haben seit den 70ern nur ein Fahrradmodell, ein Faltrad. Seit über 50 Jahren bauen sie das und optimieren es kontinuierlich. Das Ding lässt sich so klein falten, da passen 2 locker in den Kofferraum. Und fahren soll das Ding auch noch gut: Juliane hat das auf einem der bekanntesten und schönsten Radblogs Deutschlands, dem Radelmädchen, ausführlich beschrieben. Es gehörte mal zum guten Ton, zur Eurobike in Friedrichshafen mit dem Rad anzureisen. Nebenbei bemerkt: 1 Millionen Käufer*innen können nicht irren.

Zurück zu Hause, Rescherschen machen. Nicht ganz billig, so ein Brompton. Auch wenn es ein genialer Beitrag zur Verkehrswende ist, den Verkehr zu wenden geht nicht aus der Portokasse. Aber da gibt es ja noch die Deutsche Bahn! Richtig gelesen, diese Firma, die in den 90ern stehen geblieben scheint. Die bieten ein gut ausgestattetes Brompton im Abo für nur 41 Euro pro Monat an. Zusammen mit dem Deutschlandticket sind das 90 Euro im Monat für Mobilität. Das ist doch mal was. Über die DB – Website – einfach die Stichworte „DB Brompton“ guhgeln – gelangt man zu Bromptonhire, hinterlässt Adresse und Bankverbindung. Und dann heisst es Warten. Wir haben uns die Wartezeit in Italien verkürzt und versüsst. Und als die Nachricht von UPS Deutschland kam, dass bald ausgeliefert wird, haben wir uns in der Brompton Junction in Milano schon mal Taschen besorgt. Denn Brompton ist nicht nur ein Fahrrad, es ist ein Mobilitätssystem. Weltweit. Taschen während der Milano Fashion Week zu kaufen hat was!

Zurück zu Hause hiess es dann Unboxing. Super verpackt, die Teile. Und so handlich. Der Faltmechanismus erschließt sich nicht ganz von selbst, auf dem Rahmen findet sich aber ein Sticker mit Falt- und Entfaltanleitung. Wenn man die richtige Reihenfolge einhält, ist es super einfach, wenn nicht, wird man sich ziemlich blöd vorkommen.

Besonders dann, wenn man auf einem vollen Bahnsteig den Umstehenden von der Einfachheit des Mechanismus vorschwärmt. „Guck mal, ein Idiot!“ Das geht aber vorüber, glaubt mir. Man lernt, die Blicke zu ignorieren. Und irgendwann flutscht es, dann wird aus dem Mitleid der Umstehenden Neugierde. Und dann schlägt Deine Stunde: Werbung für Brompton und Deutsche Bahn……….. What? Wen?

Um dieses Selbstbewusstsein zu tanken ( und auch, um unsere Tochter zu besuchen ), fuhren wir mit den Regios von Frankfurt nach Kiel. Mit voller Tasche an den Bikes die 12 km zum Hauptbahnhof und dann mit nur 4 Mal umsteigen nach Kiel. Laut Beförderungsbedingungen der DB gilt ein gefaltetes! Brompton als Gepäck und man braucht keine Fahrradkarte.

Vergisst man das Falten, musst Du zahlen. Allerdings ist das vom jeweiligen Bundesland abhängig. 13kg plus volle Tasche schleppen sich nicht ganz von alleine von Bahnsteig zu Bahnsteig, ist aber ein Spässchen gegenüber dem Umsteigen mit eBikes plus Gepäck, wenn mal wieder kein Aufzug geht. Man kann das Bike auch entfalten, das hat dann ein bisschen was von „Oppa hat seinen Rollator dabei“. Ist aber bequem. Und im Zug findet sich immer ein Plätzchen: hinter den Sitzen, im Gepäckfach, zwischen den Beinen, überall.

Und warum soll das so? In den meisten Städten erreichen Busse autoverkehrsbedingt die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fussgängers, sind laut und nach Bahnfahrten hat man nun wirklich das Bedürfnis nach frischer Luft. Gleich Laufen? Nee, das hat dann so was von Schulausflug, Wandertag und Käsesocken am Abend. Am Zielort, beim Zwischenhalt oder überall mit dem Fahrrad fahren, einigermassen frische Luft abzubekommen und das Gepäck nicht tragen zu müssen ist für mich echter Luxus. Durch unbekannte Städte radeln ist auch viel schöner und schneller als mit jedem anderen Verkehrsmittel. Sollen doch alle weiterhin auf den Hauptverkehrsstrassen dumm rum stehen. Mal eben eine kleine Stadtrundfahrt machen oder wie in Kiel die Kiellinie rauf und runter Cruisen macht einfach Spass.

Ausserdem muss man seine Beute vom Shoppen nicht tragen. Die einfach im Gepäckblock einzuklickende Tasche macht das Bike zum Transporter. Gerade im Flachen war ich auch sehr angetan von der Geschwindigkeitsrange des kleinen Bikes. Schrittgeschwindigkeit in gemischten Zonen geht ohne Kippeln und wer möchte, kann auch mal am Hinterrad eines Rennrades lutschen ( so nennt man das Dranhängen im Windschatten ). Kurz gesagt: DB + Deutschlandticket + Brompton + grosse Tasche + Sport = Mobilitätsystem, nicht nur ein Fahrrad zum Mitnehmen. Da kann sich Verkehr schon mal wenden – zum Guten!

Habe ich tatsächlich „Sport“ geschrieben? Geht da wirklich was? Mit 13kg Stahlrahmen, 2 x 3 Gang Schaltung und 16 Zoll – Rädern? Erste Hinweise gibt es bei GCN, dem Global Cycling Network unter dem Titel: „Can A Folding Bike Climb? Superbike Vs Brompton Challenge!“ . Da geht wirklich was. Versuch macht kluch, also ab aufs Brompton, den hessischen Mont Ventoux vulgo Großer Feldberg in Angriff nehmen. 25km fast nur bergauf.

Vorteil gegenüber dem Rennrad: in der grossen Tasche kann man ein komplettes Picknick mitnehmen. Luxussport also. Die Sitzhaltung auf einem Brompton in M ( es gibt drei Lenker-/ Vorbaukombinationen ) liegt für mich irgendwo zwischen Endurance und Touring, ist also für lange Strecken geeignet. Damit kann es schon mal gut bergauf gehen. Klar, die Übersetzung hat grosse Sprünge, aber bis 6% Steigung lässt es sich mit einer ordentlichen Kadenz gut und vor allem stetig kurbeln, das geht flotter als gedacht. Wenn es steiler wird, braucht es etwas mehr Kraft, aber irgendwie geht es immer voran. Es ist schon erstaunlich, wie direkt der Vortrieb ist. Mehr Rennrad als Tourenbike. Was in der Stadt gut ist, funktioniert auch hier. Schrittgeschwindigkeit ohne Umzufallen! Finally I made it.

Vergleiche auf Strava zeigen mir, dass ich in allen Segmenten mit ähnlichen Wattzahlen wie auf dem Rennrad unterwegs war, nur langsamer. Sport und Training geht!

Ich Dully habe meinen Helm vergessen, deshalb musste ich bergab mehr als nötig bremsen. Obwohl…….ein mal siegte der Tester in mir für eine kurze Strecke: mit 59,5 km/h Spitze darf auch ein Brompton in den Blog für schnelle (e)Bikes. Das Ding ist ordentlich lang übersetzt und fährt auch geradeaus, wenn es soll.

Die +1 ging also in der Zahl N = vorhandene Anzahl Bikes im Haushalt auf. 2 Bromptons passen auch gut zu 2 SUP – Boards und dem Camping- Zeugs in einen Kombi.

So, um mal Lurch Peter Hansen zu zitieren: „Sänk juh an Deutsche Bahn“, your „Ladies and Travellers“!

Kategorien: BikesReise

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