Jahresanfang, traditionell die Zeit für Wünsche, es ein klein wenig besser machen zu wollen als im vergangenen Jahr. Ein wenig Sport auf dem Rad kann dabei enorm helfen. Ich würde mich freuen, wenn Ihr beim Lesen ein wenig Inspiration von mir mitnehmt:
Draussen ist es grau und nass, ein bisschen zu warm für Anfang Januar, so richtig schön eklig. Die beiden Speedpedelecs mögen so gar nicht raus und dösen im warmen Fahrradkeller vor sich hin, das Brompton pennt zusammengefaltet auf dem Balkon, ich bin schon im Bett. Nur der Biorenner, das Synapse, ist hellwach, macht seinem Namen alle Ehren und schickt direkt in meine Synapsen: „komm schon, Feldberg war letzten Samstag, also im letzten Jahr, die 65km heute waren nix, ich will bewegt werden! Ausserdem, mein lieber Strava- Junkie, kannst Du es nicht ertragen, wenn Dein dort angezeigter Fitnesslevel sinkt. Morgen wieder raus, aber ich sag Dir gleich, 120km sollen es schon sein und unter 1000 HM brauchst Du mit mir nicht zu rechnen!“
Und eine meiner Gehirnhälften ergänzte: „dann kannst Du auch gleich mal probieren, ob diese sündhaft teuren, eng anliegenden und wahnsinnig gut aussehenden Radklamotten von Castelli auch nach 5 – 6 Stunden noch wärmen und wasserdicht sind. War ja leider zu trocken und zu warm heute.“ Welche Hälfte auch immer, die, die es gerne bequem und sicher mag, also die eher rationale, war es sicher nicht. Oder etwa doch?
Wie ich schon schrub, ist Biken ein grosser Teil meines „mens sana in copore sano“ bzw. „weg-mit-dem Burnout-im-Speckmantel“ – Programms. Und die rationale Hälfte meiner Birne ist sowieso der Meinung: keine Bewegung, Essen, wieder dicker werden, darüber zu viel nachdenken schlechte Laune……. . „Und das wollen wir nicht!“ Ok, ok, waren doch beide Hirnhälften. Ich gebe Euch morgen alles, was Ihr wollt, Komoot hat sicher ein paar gute Vorschläge und der nervige Wind der letzten Wochen soll morgen auch weniger sein. Dann liessen mich endlich alle schlafen.
Am nächsten Morgen ist es draussen immer noch grau, nass und eklig, tatsächlich mit weniger Wind. Immerhin etwas, die Strecke scheint machbar, Regen soll auch aufhören. Der Biorenner hat sowieso Schutzplastiken (oder wie nennt man Schutz“bleche“ aus Kunststoff?) und Castelli verspricht auch heute noch für die Klamotten wasserabweisend zu sein und Kälteschutz bis 0 Grad. Ich habe eine angemessen Runde mit 120Km und etwa 1200 Hm ausbaldowert (komisch, hier meckert die Rechtschreibkorrektur nicht) und aufs Navi geladen. No excuses, einfach aufs Rad schwingen und ein bisschen treten! Mir gefiel’s.
Wer hätte das gedacht? Seitdem ich das erste Mal seit 20 Jahren mit einem Rennrad den Feldberg, bezwang und oben halbtot vom Rad fiel, sind gerade mal 5 Monate vergangen. Und jetzt? Die geplante Runde habe ich in weniger als 6 Stunden beendet, war danach fit für etwas Gymnastik und bin beim abendlichen Meditieren auf dem Nagelbett (=Shaktimat, aber das ist eine andere Story) nicht eingeschlafen. 1 Tag später keinerlei Muskelkater. Wie geht dem?
120km geben Gelegenheit, die Radfahrerkarriere ein wenig Revue passieren zu lassen. Als Jugendlicher bin ich bei Wind und Wetter mit dem ollen und etwas umgebauten Rennrad meines Vaters überall im Umkreis von 20 km hingefahren. Vor allem in die Schule im Zeitfahrmodus, bin immer zu spät zu Hause weg. Bestzeit 5 km in 8 Minuten, 40er Schnitt, wenn es mit dem Wind gut lief, nicht schlecht. Intuitiv habe ich da wohl schon eine gute Technik für einen sehr effizienten Krafteinsatz gehabt. Mit 16 wollte ich meinen Partyradius erweitern, ein Mopped wurde mein Eigen, habe mit dem Rauchen angefangen. Ich hielt es mit Churchill: no Sports! Fahrrad war so was von 60er.
Anfang der 90er bekam man sogar in good old Germany mit, dass Mountainbikes der neue Trend sind. Ich war als Leser der einschlägigen Magazine erst passiver Mountainbiker, dann kaufte ich ein gebrauchtes Mountainbike. Für den ersten Feldberg-Climb brauchte ich 4 Stunden ab Hohemark, ich bin mehr als die Hälfte gelaufen. Aber die Gipfelzigarette schmeckte. Beim zweiten Mal brauchte ich nur 3,5 Stunden, irgendwann stagnierten die Zeiten bei etwa 2 Stunden mit vielen Pausen. Obwohl ich 2 mal in der Woche dort oben war. Aber halt immer auf dem letzten Loch. Na ja, liegt bestimmt am Material, ein neues Bike musste her. Lag es nicht. Mist, war doch das Rauchen. Kann ja nicht schaden, es ohne Rauchen zu probieren. Und siehe da, nach einiger Zeit verbesserten sich die Zeiten und es dauerte nicht mehr so lange, bis ich wieder reden konnte. Biken war also das Ding, was mir die Kippen verlitt. Neben dem Mountainbike hatte ich noch ein Rennrad, das war noch mal eine Schippe drauf als Trainingseffekt. Und das leise Dahingleiten und die Genugtuung, die Steigungen mit Heldenübersetzungen überwunden zu haben, machten süchtig.
Sucht muss bekämpft werden und diese Sucht bekämpfte ich dann mit einem erneuten Hang zu motorisierten Zwei- und Dreirädern. Die Fahrräder rosteten im Keller vor sich hin und ich wurde immer moppeliger und bequemer. Um die 2000er kamen die ersten eBikes auf, ich machte ein paar Probefahrten, hatte aber Benzin im Blut. Yo Digger, wenn schon nicht mehr Rauchen, toten Dino verbrennen ist auch schön.
Aber hey, das kostet immer mehr Geld und ausserdem wirste immer unfitter. Und so erblickte der Speedpedelecbiker das Licht der Welt. Mit eigenem Bike. Und seit 2017 existiert dieser Blog, in dem die Vorzüge des Speedpedelecs ausführlich beschrieben werden.
Zunächst einmal: ich bin 22kg leichter. Kaum Kohlehydrate, keine Zwischendurchsnacks, wesentlich weniger und nur noch unregelmässig Alkohol sowie lange Pausen zwischen den Mahlzeiten (neudeutsch Intervallfasten) wirken bei mir. Für eine negative Energiebilanz – ja, der Energieerhaltungssatz gilt immer und überall – sorgen Rennradeln und Fitnessstudio.
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