Ein neues Jahr, Zeit der guten Vorsätze: weniger Kilos, mehr Bewegung, gesünder sein, besser Essen, das volle Programm, wer kennt das nicht? Gibt so ein paar neudeutsche Namen und Challenges dafür: Dry January, Veguanary, January Step Challenge, Jan Jump, sucht´s Euch aus. Das mit dem Januar könnt Ihr übrigens wörtlich nehmen, laut Aussage der Fitnesstrainer in meinem Fitnessstudio ist im Februar wieder Normalzustand mit Bewegungsmangel, Komfortzonen und Selbstbelohnungen inkl. der unangenehmen gesundheitsschädlichen Begleiterscheinungen, der tägliche Hustle würde dafür sorgen.
Ein Mittel dagegen? Biken! Mit allem, was 2-3 Räder hat und mit Pedalen bewegt werden muss. Zeit, mal meine Radlerkarriere im Geiste durchzugehen und verschiedene Konzepte, die ich in den letzten 7 Jahren in diesem Blog beschrieben habe, zu vergleichen. Ich bin zwar noch nicht völlig ins „Bio-Lager“ gewechselt, muss jedoch viel differenzieren.
Den Höhepunkt meiner Karriere hatte ich vor ein paar Tagen: eine Tour über 120km, 1200 Hm bei Schietwetter auf dem Biorenner.
So fit war ich noch nie. Bis zum zarten Alter von 16 fuhr ich bei Wind und Wetter mit dem Rad zur Schule und alles im Umkreis von 20km rund um meinen Wohnort. Mit einem älteren Rennrad, was ich meinem Vater abluchste. Ab 16 war das Radeln erst mal vorbei, es kamen Mopped´s, Partys und Rauchen. Anfang der 90er schwappte die Mountainbikewelle nach good old Germany rüber. Ich kaufte mit 28 ein gebrauchtes MTB und bin rauf auf den Feldberg. 4 Stunden von Hohemark aus, 2/3 der Strecke geschoben, Gipfelzigarette tat gut. Irgendwann ging das im Fahren in 2 Stunden, dann stagnierte der Fortschritt. Muss am Material liegen, an den Gipfelzigaretten bestimmt nicht. Zum 30sten gönnte ich mir ein Abo der Zeitschrift BIKE und ein funkelnagelneues MTB. Für Kenner und Nostalgiker: ein Hercules mit Stahlrahmen, Manitou 4 Federgabel und den ersten Scheibenbremsen für MTB´s von Sachs. Gleiche Zeiten, Gipfelzigarette…….dann halt doch mit Rauchen aufhören. Das Mountainbike brachte mich tatsächlich vom Rauchen weg! Ein gebrauchtes Rennrad kam noch dazu, das steigerte die Fitness noch weiter. Ich war süchtig nach Biken und fit wie ein Turnschuh, etwa 4 – 5 Jahre lang.
Aber wie es so ist: Familie, täglicher Hustle, Bikefreunde zogen weg. Und wieder lockte das motorisierte Zwei- bzw. diesmal ein Dreirad. Die Bikes rosteten im Keller vor sich hin. Nicht Rauchen, kein Sport, die Wampe wuchs, die Komfortzone wurde grösser. Die ersten eBikes kamen auf. Schnell und sündhaft teuer. Ein Flyer hatte es mir auf einer Probefahrt angetan, allein das Budget reichte nicht. Also weiterhin nix mit richtig Radeln. Fast nix, immerhin reichte es zu einem schönen neuen Trekkingbike, ein paar Mehrtagestouren und ein paar Fahrten zur Arbeit. War schön, aber zu anstrengend für den Alltag und zu selten für irgendeinen körperlichen Effekt.
Vor 10 Jahren dann wurden gebrauchte eBikes erschwinglich, vor 7 Jahren startete ich mit Bloggen. Ich war schon fast 50 und habe gemessen daran eigentlich recht wenig Zeit auf einem Fahrrad verbracht. Das Speedpedelec wurde mein Gamechanger.
Bis heute habe ich auf Speedpedelecs die Welt umrundet und noch ein paar Extrakilometer draufgelegt. Ich habe es so oft wie möglich in den Alltag integriert, besonders Fahrten von und zur Arbeit. Oft hier beschrieben und den körperlichen Effekt habe ich im letzten Artikel erwähnt, kann ich kurz mit „ich war der fitte Dicke“ beschreiben. Und mit Hilfe des Biobikes bin ich der „überdurchschnittlich fitte Normalgewichtige“ geworden.
Nun gibt es ja dank Apple Watch, Garmin und dem Bosch Nyon so manche Messwerte, die das untermauern. Auch ich schrieb: „Speedpedelec fahren ist wie Rennradfahren, nur schneller“, „eMTB: gleiche Anstrengung, doppelter Strecke, doppelter Spass“ und „jedes eBike ist gut für Grundlagenausdauer“. Das war, bevor ich Daten vom Biobiken hatte.
Nehmen wir zum Beispiel mal ganz vereinfacht die Herzfrequenz auf vergleichbaren Strecken als Mass für Anstrengung: auf dem sehr schnellen Opium und dem sehr schnellen Scorpion – Dreirad geht meine Frequenz selten über 100, bleibt voll in dem, was man so als Zone 1 = gesundheitsfördernd bezeichnet. Kein Wunder, bei über 800 Watt Spitzenleistung des Motors. Etwas anders sieht es auf dem Delite aus: hier geht der Puls auch öfter mal in Richtung 120 Schläge pro Minute, ab und zu mal also in Zone 2 = Fettverbrennung. Genau so sieht es auf dem eMTB aus. Auch hier keine Wunder, Spitzenleistung des Motors ca. 600W. Auf dem Biobike bin ich eigentlich stundenlang mit 115/120er Durchschnittsfrequenz immer in Zone 2, mit vielen Peaks darüber in Zone 3, bei Strava genannt Tempozone und fühle mich gut. Biobike macht mich deutlich fitter, eBike ist lediglich Fitnesserhalt. Hätte ich so deutlich nicht gedacht. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten weichen übrigens nicht ganz so deutlich ab, denn mit dem eBike gilt immer noch: entweder schnell oder weit. Auf lange Sicht gesehen pendelt sich alles so zwischen 23 und 28 km/h ein.
Ein bisschen Küchenpsychologie und Küchenphilosophie. Zunächst einmal muss ich akzeptieren, dass jedes meiner Bikes seinen Einsatzzweck hat(te). Das Speedpedelec ist ideal zum Pendeln, das eMTB steht für reinen Fun und der Biorenner für Motivation und Freude in meinem Leben. Ich kann es auch so ausdrücken: Speedpedelec als Autoersatz, eMTB als Komfortzone aus Alu oder Carbon, der Biorenner für Körpergefühl und Selbstliebe. Wow, das ist ja mal hoch oben angesiedelt.
Ja, eMTB´s machten in 2022 38% aller verkauften Fahrräder in Deutschland aus. Sie sind der Garant dafür, in der Komfortzone zu bleiben, ab Februar die guten Vorsätze überdenken zu können, nix im Leben ändern zu müssen und trotzdem einigermassen körperlich beisammen bleiben zu können. Nix ändern müssen klingt ja für unsere Psyche gut, man kommt überall hin und kann überall drüber rollen, deshalb verkaufen sich eMTB´s so prächtig. Spass pur, deshalb hatte ich auch eines.
Wer es nicht glaubt, sollte mal seine Komfortzone verlassen und sich aufs Rennrad setzen, es mir nachmachen, nur mal zum Spass. Ich garantiere Stolz auf sich selbst und Hochachtung vor dem alten Body, in dem auch im letzten. Lebensdrittel mehr steckt, als Du glaubst. Es ist für mich Motivation, meine Grenzen immer weiter zu verschieben. Noch länger, noch weiter, noch höher zu fahren, auch wenn die Beine brennen und der Kopf leer ist. Motivation, die Ernährungsumstellung durchzuhalten und sich nicht von der Zuckersucht zum Cheaten und Snacken verleiten zu lassen. Zu spüren und zu lieben, dass ich 22kg weniger als letztes Jahr bewegen muss. Und auch, dass diese wahnsinnig engen und überaus schicken Radklamotten passen und ich nicht (mehr) wie eine frisch gestopfte Mettwurst aussehe. Und egal, wie sehr Du übertreibst oder einbrichst: nach Hause geht immer und dann stolz ab unter die Dusche. Es ist ein Hochgefühl. Besser noch, als vor einem halben Leben mit Hilfe des Mountainbikes das Rauchen aufgegeben zu haben. Denn je älter wir werden, desto mehr sehnt sich unser Geist nach der Sicherheit der Gewohnheiten, besonders der „schlechten“. Und desto schwieriger wird es, sie abzulegen. Strava kann helfen, weil die körperlichen Fortschritte in den Daten sehen sind. Aber versuche nicht, virtuell gegen andere zu fahren oder Dich zu vergleichen, das führt zu nix!
Wer also am Anfang des Jahres die guten Vorsätze wie anfangs erwähnt gefasst hat, sollte zuerst mal die Ernährung umstellen. Und dann ab aufs Rennrad, ohne „e“, das geht……….
Was einem so alles durch den Kopf geht, wenn es grau in grau ist, aber die Endorphine den Körper fluten…….…. 🙂
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